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Arbeitgeberattraktivität – das Image als Trugschluss

8. Juli 2011

Jedes Jahr fiebern die Personalmarketing-Abteilungen den Ergebnissen zweier wichtiger Studien entgegen: denen von trendence und Universum. Beide (Marktforschungs-)Unternehmen befragen, methodisch unterschiedlich, alljährlich Schüler, Studenten, Absolventen bzw. Young Professionals u.a. nach deren Top-Arbeitgebern.

trendence versus kununu.com

trendence versus kununu.com - externe versus interne Arbeitgeberattraktivität (eigene Darstellung, 2011)

Neben der Frage nach dem Wunscharbeitgeber (employer of choice) enthalten die Studien natürlich noch viele weitere mehr oder weniger relevante Hinweise darauf, worauf die Mitarbeiter von morgen Wert legen bzw. wo Verbesserungspotenzial bei der eigenen Arbeitgebermarke liegt. Doch das wird in der medialen Berichterstattung im manager magazin und Co meist weggelassen. Was zählt ist die sehr plakative Abbildung eines Rankings, das vermeintlich zeigt, welches Unternehmen ganz oben auf dem Wunschzettel der High-Potentials steht.

Zeig mir dein Produkt und ich sag dir, ob du als Arbeitgeber sexy bist

Und da, wen wundert’s, stehen in der Regel Unternehmen, die entweder begehrte Produkte haben (z.B. Automobile), vermeintlich das Sprungbrett zu Geld und Karriere sind (z.B. Beratungshäuser) oder durch geschickte PR als besonders arbeitnehmerfreundlich (z.B. ein bestimmter Suchmaschinenanbieter) gelten. Nun mag man darüber streiten, inwieweit die befragten Studenten bzw. Absolventen die eigenen Angaben zu ihrem Wunscharbeitgeber ernsthaft verfolgen. Fakt ist, dass die Veröffentlichung solcher Rankings jedes Jahr ein ziemlich großes mediales Echo hervorrufen. Und man muss kein Psychologe oder Kommunikationswissenschaftler sein, um zu erkennen, dass die permanente Wiederholung, Automobilhersteller sind Top-Arbeitgeber irgendwann selbst ins „relevant set“ der eigenen Wunscharbeitgeber übergeht.

Image vs. Wohlfühlfaktor = extern vs. intern

Die Frage, die sich mir nun stellt ist, ob die bloße Sicht auf das (von Hochschülern auf Basis wovon?!) verliehene Image als Top-Arbeitgeber nicht arg kurz gegriffen ist, um die Arbeitgeberattraktivität zu beurteilen. Mindestens ebenso wichtig wie das sich extern manifestierende Image ist es doch zu sehen, wie aktuelle und Ex-Mitarbeiter eines Unternehmens dieses von innen heraus beurteilen. Deshalb habe ich mir den Spaß gemacht, die Top-20-Arbeitgeber des 2011er trendence-Rankings (Wirtschaftswissenschaftler) mit den Mitarbeiter-Bewertungen auf kununu.com zu vergleichen.

Natürlich habe ich dabei ein besonderes Augenmerk auf die Allianz gelegt, die als Versicherungs- und Finanzdienstleister traditionell als eher unsexy von Studenten und Absolventen eingestuft wird, wie Platz 46 im aktuellen trendence Graduate-Barometer zeigt.

Noch bevor ich das „kununu-Ranking“ erstellt hatte, dachte ich mir bereits, dass die Allianz aus der Mitarbeiter-Perspektive heraus deutlich besser dastehen dürfte als es das Image vermuten lässt. Denn schließlich machen immer noch die Kollegen und nicht das Produkt allein die Musik, sprich entscheiden darüber, ob ich mich im Unternehmen wohl fühle oder eben nicht.

Die Ergebnisse

Die Allianz im Vergleich mit den Top-Arbeitgebern der trendence-Untersuchung allerdings auf dem 3. Platz zu sehen, hat mich dann doch überrascht. Vier von fünf Punkten ergattert der Münchner Versicherungsriese im Schnitt. Ein sehr gutes Ergebnis bedenkt man die negative Presse im Zuge der Umstrukturierung in den vergangenen Jahren.

Vergleich Image-Ranking von trendence und Wohlfühl-Ranking von kununu.com

Vergleich Image-Ranking von trendence und Wohlfühl-Ranking von kununu.com (eigene Darstellung, 2011)

Auf Platz 1 steht jedoch ein Unternehmen, dass ich überhaupt nicht auf der Rechnung hatte: L’Oréal. Der deutliche Abstand von 0,4 Punkten zum Zweitplatzierten McKinsey zeigt, dass hinter dem im wahrsten Sinne des Wortes stylishen Arbeitgeberimage des Kosmetikherstellers offensichtlich viel für die Belegschaft getan wird bzw. die Rahmenbedingungen stimmen. Für mich ebenso überraschend aber die Platzierung der Mäckie-Consultants. Ein Blick darauf, wie sich die Bewertung von 4,1 zusammensetzt, macht aber gleich deutlich, dass monetäre Aspekte bzw. Incentives hier die treibenden Kräfte sind („Benefits“ erhalten von den Mitarbeitern fünf von fünf Punkten!).

Wo Gewinner, da auch Verlierer. Porsche ist für mich so ein Fall. Geneinsam mit Coca Cola, BCG und KMPG belegt die Zuffenhausener Edelschmiede den letzten Platz mit durchschnittlich 3,5 Punkten. Klar, das ist Jammern auf hohem Niveau – zumindest, wenn man sich das Gütesiegel-System von kununu.com ansieht. Da ist Porsche immer noch „Top Company“. Dennoch zeigt das Beispiel Porsche, dass ein hervorragendes Image allein noch keine vollzufriedenen Mitarbeiter macht.

Conclusio

Insofern wäre mein Plädoyer für eine sinnvollere Darstellung bzw. Operationalisierung der Arbeitgeberattraktivität, die interne Sichtweise der Mitarbeiter mit einzubeziehen. Dies muss ja nicht von trendence geleistet werden. Vielleicht findet sich aber ein Institut, das beide Ansätze sinnvoll und methodisch sauber miteinander verbindet. So hätten nämlich alle was davon: die Personalmarketing-Abteilungen einen Arbeitsansatz, die potenziellen Bewerber eine gehaltvollere Liste attraktiver Arbeitgeber und die Medien ihr geliebtes plakatives Ranking.

13 Kommentare leave one →
  1. André permalink
    8. Juli 2011 6:42 pm

    Hallo Dominik,

    das ist eine interessante Gegenüberstellung. Ich erinnere mich an ein Mailing per Post von TOP-Arbeitgeber. Das Unternehmen befragt, so weit ich weiß, die Arbeitnehmer.
    http://de.toparbeitgeber.com/TopArbeitgeberDeutschland/IhrTopArbeitgeberDeutschlandSelektionsTool.aspx
    Was ich mich Frage: Wer stimmt bei Kununu ab? Ist das ein repräsentativer Durchschnitt aller Unternehmensbereiche, oder nur die Mitarbeiter, die im Netz aktiv sind?

    Viele Grüße aus dem Rheinland.

    André

    • Dominik permalink
      9. Juli 2011 2:37 pm

      Hi André,

      dank dir für deinen Kommentar.
      Nein, die kununu.com-Bewertungen sind keineswegs repräsentativ (im Gegensatz zu den trendence-Ergebnissen!). Es sind auch nicht alle Unternehmensbereiche gemessen an der Grundgesamtheit gleich vertreten. Natürlich muss man auch beachten, dass die Motivation den eigenen (Ex-)Arbeitgeber zu bewerten steigen dürfte, wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat.

      Viele Grüße
      Dominik

  2. 8. Juli 2011 7:02 pm

    Hallo Dominik,

    ich stimme deinen Aussagen voll und ganz zu! Arbeitgeberrankings können sowohl die Employer Branding/Personalmarketing-Professionals als auch die Zielgruppen blenden. Während die Einen als oberstes Ziel eine Rankingverbesserung sehen (die sehr stark vom Image an bestimmten Hochschulen abhängt) und ggf. falsche Schlussfolgerungen ziehen, verlassen sich die Anderen auf das Ranking als objektiven Maßstab von Arbeitgeberqualität.

    Die von dir geforderte Verbesserung wird vielleicht schon mit dem Praktikantenspiegel erreicht: Dort werden die Dimensionen Arbeitgeberattraktivität und Arbeitgeberqualität in einer Matrix dargestellt. Die PDF zu 2010 lässt sich anscheinend gerade nicht herunterladen, ich kann dir diese aber gern per Mail zur Verfügung stellen.

    Viele Grüße aus Turin,
    Gunnar

  3. Roy permalink
    9. Juli 2011 3:55 pm

    Interessant ist in diesem Kontext auch noch Great Place to Work, eine Studie, die tatsächlich die Angestellten eines Unternehmens befragt.

    Da tauchen dann Unternehmen oben auf, die man so gar nicht kennt.

    • Dominik permalink
      10. Juli 2011 2:19 pm

      Hi Roy,

      ja, die GPTW-Studie ist neben trendence und Universum eine der bekanntesten Studien zum Thema Arbeitgeberattraktivität. Zumeist mittelständische Unternehmen „kaufen“ sich diese Studien ein, weswegen dort Unternehmen als Top-Arbeitgeber zu finden sind, die man nicht auf der Rechnung hat. Große Konzerne machen hierbei meist nicht mit – gerade weil die Studie einen gewissen internen Aufwand bedeuten. Soweit ich weiß, werden die Daten zu einem erheblichen Teil aus Audits heraus generiert.

      Viele Grüße
      Dominik

  4. 1. August 2011 12:10 pm

    Hallo Dominik, leider gerade erst entdeckt den Artikel. Sehr schöner Ansatz, die beiden Rankings miteinander zu vergleichen. Solche Rankings sind in meinen Augen oftmals Augenwischerei und wie sich die Bewertungen zusammensetzen, nicht wirklich nachvollziehbar. Besonders deutlich wird das meines Erachtens bei dem Trendence Schülerbarometer. Da werden Schüler nach ihren Top-Arbeitgebern befragt. Schüler, die teilweise nicht mal bereit sind, ihre Ausbildung an einem anderen Wohnort zu beginnen, nennen dann bspw. ProSieben als Top Arbeitgeber. Wahrscheinlich, weil sie tagtäglich vor der Glotze hängen :-) Mal ganz ehrlich, das Bohei, welches um diese Rankings gemacht wird (weit vorne auch das Potentialpark-Ranking), ist maßlos übertrieben. Gut, dass es Portale wie kununu oder meinpraktikum gibt, wo man sich über „ehrliche“ Meinungen informieren kann. Leider haben es viele Unternehmen noch nicht verstanden, diese Plattformen für sich zu nutzen und erstarren eher vor Angst, wenn sie bewertet werden. Ich denke mal, dass in Zeiten des Social Web die Bedeutung von Bewertungsplattformen deutlich zunehmen wird und die Bewertungen wichtiger werden. Bereits heute ist es doch auch eher so, dass der Großteil bspw. von Amazon-Kunden eher den Kundenbewertungen Vertrauen schenkt, als den blumigen Marketingversprechen der Unternehmen selbst. Da gibt es ja auch bereits umfangreiche Studien zu. Eins ist klar, um diese Dimensionen anzunehmen, bedarf es natürlich einer stärkeren Bekanntheit dieser Plattformen. Aber da hast du mit deinem Artikel ja einen weiteren Beitrag zu geleistet :-)
    Beste Grüße, Henner

    • Dominik permalink
      1. August 2011 7:09 pm

      Hi Henner,
      dank dir für deinen Kommentar und dein positives Feedback.

      Zwei Anmerkungen zu deinem Post noch von mir:

      1. Ja, auch ich finde, dass um die trendence- und Universum-Rankings ein – wie du sagst – zu großes Buhei gemacht wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Rankings so gut wie nie die Entscheidung von Absolventen, geschweige denn von High Potentials, für oder gegen einen Arbeitgeber beeinflussen. Diese Rankings sind dafür allerdings ein gefundenes Fressen für Zeitungen und Zeitschriften. Wenn ein Ranking bzw. Auszüge davon wieder mal der Aufmacher fürs manager magazin sind, dann mag das zwar immer noch irrelevant für einen Teil unserer Zielgruppen sein, aber durchaus von hoher Relevanz für die Vorstandsetage. Denn genau dort werden derartige Publikationen wie mm, FTT oder die WiWo eben gelesen. Insofern ist der Umgang mit den Rankings immer ein Balanceakt zwischen den Bedürfnissen und Anforderungen interner wie externer Stakeholder …

      2. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Bewertungsportale Zukunft haben bzw. wachsen werden. Aber man muss sicher auch mal die Kirche im Dorf lassen: Zum einen ist die (statistische) Relevanz einer Unternehmensbewertung bei kununu.com bei drei oder fünf Bewertungen/Kommentaren gleich null. Zum anderen muss man sich fragen, ob unsere Zielgruppen, die zum Teil nicht einmal Facebook als Arbeitgeberkanal ausgemacht haben, kununu oder andere Portale überhaupt kennen. Und selbst wenn sie es tun: Niemand weiß, welche Bedeutung sie den Plattformen beimessen. Grundsätzlich ist es ja so, dass eher frustrierte MItarbeiter Unternehmen bewerten. Wo ist hier also der große Mehrwert, wenn ich ausschließlich Negatives lese? Oder andersherum: Ruft ein Unternehmen seine Mitarbeiter auf, dort zu voten (und die meisten werden wohl eher positiv abstimmen), habe ich überproportional viele Plus-Argumente. Auch hier ist die Aussagekraft anzuzweifeln. Insofern bin ich gespannt, wie sich dieses Thema in Zukunft entwickeln wird.

      Viele Grüße
      Dominik

  5. 22. Februar 2012 1:29 pm

    es wird hier total ausgeblendet, das die Aussagen von anonymen Beurteilungsplattformen überhaupt nichts wert sind. Entweder hochgejubelt von der eigenen HR, oder gebasht von gefeuerten Mitarbeitern bis hin zu negativ Kommentaren von Wettbewerbern. Das echte Feedback ist die Ausnahme. Wie Kununu agiert hat keine Zukunft.
    http://www.kununu.com/unternehmen/optionen

    • Dominik permalink
      25. Februar 2012 9:21 am

      Lieber Hannes,

      danke für deinen Kommentar.
      Ich sehe das ein wenig anders. Es mag sein, dass es extrem positive oder auch extrem negative Kritiken gibt. Aber – und das ist die Mehrheit – es gibt auch Kommentare, die recht sachlich den gefühlten Ist-Zustand eines Arbeitgebers/eines Jobs beschreiben und keineswegs zu Extrema greifen.

      Diese Kommentare/Bewertungen als „nichts wert“ zu bezeichnen, halte ich daher für unangebracht und schlicht falsch.

      Und ob kununu eine Zukunft hat oder nicht, werden nicht wir beide entscheiden, sondern allein die Nutzer der Plattform. Und soviel ich weiß, wächst kununu immer noch. Es bleibt spannend!

      VG
      Dominik

  6. 17. März 2012 8:08 pm

    Hey Dominik, auch beim Praktikantenspiegel schneidet die Allianz ziemlich gut ab:

    http://www.praktikum.info/unternehmen/10374-allianz

    Hier werden Praktikanten, die tatsächlich ein Praktikum beim Unternehmen gemacht haben, nach ihren Erfahrungen befragt. Tatsächlich kommt dabei eine spannende Kluft zwischen Markenattraktivität und Arbeitgeberattraktivität bei vielen Unternehmen heraus, die sonst auf den ersten Plätzen stehen…

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